Nach der mehr oder weniger langen Lagerung des Champagners auf der Hefe in der Flasche möchte dieser nun verkauft und getrunken werden. Doch bevor die Flaschen den Weinkeller verlassen können, müssen die bei der zweiten Gärung abgestorbenen Hefen und andere Stoffe aus der Flasche entfernt werden. Dies erfolgt durch das Rütteln, im Französischen auch Remuage und das anschließende DEgorgieren.
Weg mit den Hefezellen, aber wie?
Während der monate- oder jahrelangen Lagerung haben sich die Hefezellen als ganz feiner Sand auf dem Flaschenboden abgesetzt. Aber wie nun dieses Dépot aus der Flasche bekommen? Man könnte einfach umfüllen und filtern. Dies wäre umständlich und der Champagner würde einen Teil seiner wertvollen Kohlensäure verlieren. Am Ende des 17. Jahrhunderts und Anfang des 18. Jahrhunderts haben einfallsreiche Mönche ihre Flaschen in Sandkästen gelagert, zuerst horizontal und dann mehr und mehr vertikal, um das Dépot in den Flaschenhals zu befördern.
Endlich die entscheidende Erfindung für die Remuage: Das Rüttelpult
Champagner-Hersteller mußten allerdings bis zum Jahr 1818 warten. Die Legende sagt, dass Madame Cliquot, die Veuve Cliquot, auf Anraten ihres Kellermeisters Antoine Muller, Löcher in Ihren Küchentisch schneiden ließ, um die Flaschen in unterschiedlichen Positionen zu lagern.
Ein Mitarbeiter der Maison Morizet mit dem Namen Thomassin, setzte diese Idee in die Tat um und erfand den sogenannten Rütteltisch, Vorgänger des Rüttelpultes. Im Jahre 1864 meldet Monsieur Michelot das Patent des Rüttelpultes an, so wie wir es heute kennen (mit 120 Flaschen). Im Jahre 1889 wird das Rüttelpult bereits großflächig eingesetzt.
In folgender Grafik können Sie gut erkennen, wie die Flaschen gedreht und gesenkt werden müssen, um das Dépot in den Flaschenhals zu befördern:
Der Vorgang dauert hier 21 Tage, je nach Winzer auch länger.
Die Erfindung des Rüttelpultes erforderte nun eine Person, den Rüttler, der sich um das Rütteln in den Champagner-Häusern kümmert. Er ist zuständig, jede einzelne Flasche nach einem genauestens festgelegten Plan zu drehen und von der Waagerechten in die nahezu Senkrechte zu bringen, damit das Dépot mehr und mehr in den Flaschenhals rutscht. Ein erfahrener Rüttler konnte damals bis zu 80 000 Flaschen am Tag rütteln.
Seit dem Jahre 1973 hat sich das Rütteln mehr und mehr automatisiert. Heutzutage verwenden die Winzer die sogenannten Gyropaletten, siehe Foto. Das Prinzip ist relativ einfach: in einer Gyropalette können 504 Flaschen untergebracht werden. Die Flaschen werden in Stahlkästen gestapelt und mechanisch nach dem vorgesehenen Zeitplan gedreht. Wie von Hand werden die Flaschen langsam von der waagerechten Position in die Senkrechte gebracht.
Während das Rütteln von Hand ca. 3 Wochen dauert, kann die Gyropalette die Arbeit in einer Woche erledigen. Viele kleine Winzer arbeiten jedoch nach wie vor mit den Rüttelpulten und von Hand, da sie nicht die finanziellen Mittel und den erforderlichen Platz in ihren oft kleinen Kellern haben.
Sobald die Rüttelphase beendet ist, werden die Flaschen Kopfüber (im Französischen “sur pointe”) gelagert bis sie zum Dégorgieren wieder aus den Kellern geholt werden.